Rom feiert einen angehenden Märtyrer
VON PAUL KREINER, 11.02.06, 07:00h
Kardinal Camillo Ruini setzt sich für die Seligsprechung von Don Andrea Santoro ein.
Rom - „Allahu akbar“ (Gott ist der Größte) soll jener 16-Jährige gerufen haben, als er am vergangenen Sonntag den betenden italienischen Priester Andrea Santoro in dessen Kirche an der türkischen Schwarzmeerküste erschoss. Ob der Täter wirklich von religiösem Hass gegen das Christentum oder gegen die westliche Kultur erfüllt war, ob er gegen die Mohammed-Karikaturen protestieren wollte, ob er „einfach“ ein Krimineller war, ob er allein vorging oder radikalen Gruppen angehörte - all das ist bisher offen.
Im bisher recht toleranten Italien neigt jedenfalls kaum jemand dazu, den Mord als Kriegserklärung „des“ Islam an das Christentum zu interpretieren und den „Kampf der Kulturen“ auszurufen. Einzig rechtsextremistische Politiker, kleine faschistische Gruppierungen und einzelne ultrakonservative Katholiken verlangen einen „neuen Kreuzzug“.
Die Gläubigen, die am Freitag zu Tausenden in die Lateran-Basilika strömen, um Pater Santoro die letzte Ehre zu erweisen, teilen solche radikalen Einschätzungen offenbar nicht. Wen immer man fragt, der äußert Trauer und Bestürzung über den „sinnlosen Mord“ an einem „vorbildlichen Priester und Brückenbauer zwischen den Religionen“. Viele beklagen die aufgeheizte Weltlage oder politische Instrumentalisierungen „auf beiden Seiten“: „Wir schweben alle in Gefahr“, sagt ein älterer Mann. Bei der Frage nach Gegenmaßnahmen raten alle zu „Vorsicht“, „Zurückhaltung“, „allein deshalb, weil die Weltlage so unübersichtlich ist“. Oder sie meinen gar: „Das einzig Sinnvolle ist, weiterhin Botschaften des Friedens und der Ruhe zu verbreiten.“
Kardinal Camillo Ruini, als Vertreter des Papstes Bischof von Rom, legt in seiner Predigt den Schwerpunkt auf die vorbildhaften Qualitäten Santoros und auf jenen „wahren christlichen Mut, der es nicht auf Schlagen und Töten anlegt, sondern auf Verständnis, Freundschaft und Frieden“. Eine mögliche Konfronta
tion mit dem Islam erwähnt Ruini nicht, dafür verliest er unter einem Anflug von Tränen jenen Brief, in dem die Mutter des Ermordeten „dem Täter aus ganzem Herzen verzeiht“. Ruini sagt, Santoros Tod weise „alle Kriterien eines wahren christlichen Martyriums auf“. Und weiter: „Ich will deshalb einen Seligsprechungsprozess für ihn eröffnen.“ Drei Minuten lang klatscht die Trauergemeinde daraufhin Beifall.
Nach 30 Jahren als Pfarrer in römischen Rand- und Problemvierteln war Santoro 2000 im Alter von 55 Jahren in die Türkei gezogen. In der Schwarzmeerstadt Trabzon, wo die katholische Gemeinde nur ein Dutzend Mitglieder zählt, wollte er als Seelsorger und als eine Art stiller Botschafter des christlichen Glaubens leben. Dass er - wie türkische Medien erzählen - junge Muslime mit Geld bekehren wollte, weist Kardinal Ruini „mit aller Entrüs
tung“ als Verleumdung zurück.
Santoros Ermordung hat offenbar auch das Eis zwischen dem Vatikanstaat und der Türkei tauen lassen. Nachdem Benedikt XVI. die Hoffnung geäußert hatte, dieser Tod werde „zum Dialog der Religionen und zum Frieden zwischen den Völkern beitragen“, erhielt und akzeptierte er von Staatspräsident Ahmet Nected Sezer die formelle Einladung zu einem Besuch in der Türkei Ende November. Bereits im vergangenen Herbst wollte der Papst auf eine Einladung des griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomaios nach Istanbul reisen. Die türkische Regierung aber monierte, der formelle diplomatische Dienstweg über Ankara sei nicht eingehalten worden, ein Besuch sei „nicht opportun“.
Dahinter stand auch die Verärgerung über frühere Aussagen Joseph Ratzingers. Anders als die offizielle Vatikan-Diplomatie, die sich zu einem EU-Beitritt der Türkei nie klar hatte äußern wollen, hatte der damalige Chef der Glaubenskongregation Stellung bezogen: Die muslimisch geprägte Türkei habe „im Kontrast zu Europa“ immer einen Sonderweg verfolgt; ein Beitritt zum christlich geprägten Westen sei nicht angeraten. Als Papst hat sich Ratzinger dazu nicht mehr geäußert.
www.ksta.de/html/artikel/1138712351249.shtml
Zitat, von Papst Benedikt XVI. bei der Heiligen Messe, des WJT, 21. August 2005
" Liebe Freunde, die Ihr mich in meiner eigenen Sprache versteht, ich danke Euch für die Sympathie, mit der Ihr mich in diesen Tagen unterstützt habt." Bleibt mir nah im Gebet!"